Inneres und Recht

Für das Funktionieren von Demokratie und Staatswesen ist es unabdingbar, dass jeder seine Rechte und Pflichten in freier Selbstbestimmung wahrnehmen kann. Daher lehnen wir, die PIRATEN Niedersachsen, alle Maßnahmen ab, die Grundrechte beschneiden und Versammlungen behindern. Dies beinhaltet auch die sich immer stärker ausweitende Überwachung unbescholtener Menschen.

Wir sehen hier eine Beschneidung von Grundrechten. Um auf diese stetig hinzuweisen, fordern wir, dass das Land Niedersachsen aktiv für die Schaffung eines anzustrebenden Staatsvertrages zwischen dem Bund und den Ländern eintritt, mit dem der 23. Mai als “Tag des Grundgesetzes” zum bundeseinheitlichen Feiertag erklärt wird. Denn Grundrechte müssen wieder als wichtiger Wert anerkannt sein. Ersatzweise ist der 13. April oder 30. Mai als landesweiter Feiertag einzuführen, als Tag, an dem die Landesverfassung beschlossen wurde.

Versammlungen & Demonstrationen

Versammlungsrecht

Das Recht auf offene Diskussion und öffentliche Meinungsäußerung ist ein wesentlicher Bestandteil einer lebendigen und freien Demokratie. So bietet das Versammlungsrecht grundsätzlich jedem die Möglichkeit, seine Meinung friedlich und im Rahmen des Grundgesetzes zu äußern. Dieses Recht wird zum Beispiel auch bei Demonstrationen ausgeübt.

Das vom niedersächsischen Landtag 2011 verabschiedete geänderte Versammlungsrecht ist ähnlich wie in Bayern oder Baden-Württemberg ein Versammlungsverhinderungs-Gesetz, für dessen Durchsetzung zudem unnötige Bürokratie aufgebaut wird. Wir wollen diese Änderungen rückgängig machen und setzen uns für ein für alle Seiten anwendbares und rechtssicheres Versammlungsgesetz ein.

Überarbeitung des Versammlungsgesetzes

In einem neuen Versammlungsgesetz sollen die in den letzten Jahrzehnten durch Gerichte aufgegebenen Anforderungen eingearbeitet werden. Es gibt eine Vielzahl richterlicher Entscheidungen, die bisher nicht in das niedersächsische Gesetz eingeflossen sind.

Wir wollen insbesondere die Kommunikation zwischen den Versammlungsleitern, den Teilnehmern und den Behörden erleichtern und fördern. Hierzu zählt auch, dass mögliche Auflagen frühzeitig übersandt werden. Es soll eindeutige Auflagenkataloge für jede Kommune geben, die Behördenwillkür nicht mehr zulässt. Diese Kataloge sollen als grundlegender Standard für alle Versammlungen gelten.

Darüber hinausgehende Auflagen, die sich durch Sonderfälle durchaus ergeben können, müssen konkretisiert und begründet werden. Es muss für jeden ohne Jurastudium möglich sein, die Auflagen und die Gründe der Erteilung sofort zu verstehen. Bei Problemen mit nicht eindeutigen und nachvollziehbaren Auflagen müssen Behörden ausführliche Hilfestellungen geben.

Der Versammlungsleitung obliegt die Verantwortung für die Versammlung. Sie kann daher auch für Verstöße gegen Auflagen und Gesetze herangezogen werden, die Dritten innerhalb der Versammlung vorgeworfen werden. Daher setzen wir uns dafür ein, dass der Versammlungsleitung zu Polizeiaktionen führende Ereignisse sobald wie möglich schriftlich mitgeteilt werden. Dazu gehören auch die Vorwürfe gegen Versammlungsteilnehmer bei vorläufigen und vollzogenen Festnahmen.

Förderung von Versammlungen

Wer eine Versammlung nach den Regeln unseres Grundgesetzes durchführt, muss auch das Recht haben, seine Meinung entsprechend zu äußern.

Daher müssen auch neue Formen von Versammlungen in Zukunft bei der Gesetzgebung berücksichtigt werden. Die in den letzten Jahren immer öfter stattfindenden Flashmobs werden zurzeit nicht vom Versammlungsrecht erfasst bzw. ermöglicht.

Friedliche Gegendemonstrationen müssen umfänglicher berücksichtigt werden. Das Blockieren von Demonstrationszügen lehnen wir allerdings ab.

Flashmobs: Der Begriff Flashmob bezeichnet einen kurzen, scheinbar spontanen Menschenauflauf auf öffentlichen oder halböffentlichen Plätzen, bei denen sich die Teilnehmer persönlich nicht kennen und ungewöhnliche Dinge tun. Es sind also Versammlungen ohne Versammlungsleiter.

Überwachung

Kein Staatstrojaner in Niedersachsen

Ermittlungsmethoden, die Computer und Handys ausspionieren, stellen einen massiven und unverhältnismäßigen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte, das Telekommunikationsgeheimnis und die Unverletzlichkeit der Wohnung dar. Allein die Erwägung derartiger Maßnahmen markiert einen Vertrauensbruch des Staates Ihnen gegenüber. Wir lehnen daher den Einsatz von Spionagesoftware durch staatliche Behörden, deren Legalisierung durch Gesetze sowie die Finanzierung und Entwicklung derartiger Software kategorisch ab.

Die bisherigen Einsätze des Staatstrojaners und der Umgang mit den hierbei angefallenen Daten müssen eingehend untersucht werden. Alle relevanten Unterlagen zu den Einsätzen und Verträge zwischen Dienstleistern und Behörden sollen unverzüglich öffentlich zugänglich gemacht werden.

Sicherstellung der Einhaltung des Datenschutzes bei Überwachungskameras

Wir lehnen die Videoüberwachung öffentlicher und privater Räume grundsätzlich ab. Wird trotzdem eine begründete Überwachung bestimmter Orte gestattet, sind die Kameras so einzustellen, dass die datenschutzrechtlichen Anforderungen auf jeden Fall eingehalten werden. Sollte dies unmöglich sein, sind sie außer Betrieb zu nehmen.

Auf Versammlungen sollen Ordnungskräfte Videoaufzeichnungen nur anfertigen dürfen, wenn dies unumgänglich ist. In diesen Fällen fordern wir mehr Transparenz und Information durch die Behörden ein. Es muss sicherstellt werden, dass Aufzeichnungen unmittelbar nach Ende der Versammlung unwiderruflich gelöscht werden. Dies betrifft auch Übersichtsaufnahmen oder solche, die zu Übungszwecken erstellt wurden. Der Versammlungsleitung muss es jederzeit möglich sein, das Löschen der Aufzeichnungen zu überprüfen.

Keine Überwachung und Verfolgung durch Drohnen

In den letzten Jahren sind durch Forschung und Entwicklung immer kleinere und leistungsfähigere Flugkörper entstanden, die unbemannt und teilweise autonom den Luftraum durchfliegen können – so genannte Drohnen oder Minicopter.

Wir stehen den Einsätzen dieser Flugobjekte kritisch gegenüber, da sich hier umfassende Datenschutz- und Bürgerrechtsfragen ergeben. Nach halten wir die gesetzlichen Grundlagen zur Nutzung und zum Einsatz für unzureichend.

Wir wollen daher den Einsatz von Minicoptern durch polizeiliche Einsatzkräfte unterbinden. Der Einsatz von Drohnen bei Demonstrationen bedeutet einen massiven Eingriff in die Versammlungsfreiheit, da hierbei Demonstranten systematisch abgefilmt und überwacht werden. Es ist für uns kein zu tolerierendes Risiko, Menschen durch den Ausfall von Technik körperlich zu gefährden oder Schaden zukommen zu lassen. Wir werden uns dafür einsetzen, bisher nicht öffentlich gemachte polizeiliche Drohneneinsätze aufzuarbeiten und die Daten der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Allerdings kann es durchaus sinnvoll sein, bei großflächigen Unfällen, Brandgebieten, Hochwasser, usw. Drohnen zur Aufklärung in betroffene Gebiete zu entsenden.

Selbstverständlich unterstützen wir diese schnelle und effektive Hilfe von Rettungskräften, im Einsatz um Leben, Eigentum oder zur Abwendung von Naturkatastrophen.

Auch Landwirtschaft, Forschung und Wissenschaft können von den günstigen Anschaffungs- und Unterhaltungskosten der Drohnen profitieren. So können beispielsweise Vermessungen kostengünstig erfolgen, oder schwer zugängliche Gebiete ohne Eingriffe in die Natur erforscht werden. Auch diese Nutzung von Drohnen unterstützen wir unter der Voraussetzung, dass kein Eingriff in die Grundrechte stattfindet. Im Zweifel bedarf es einer vorab zu erteilenden Genehmigung des Landesdatenschutzbeauftragten.

Und auch im privaten Bereich werden Drohnen immer beliebter. Durch den Einsatz einer Kamera werden diese aber schnell zu einem Risiko für den Datenschutz. Wir setzen uns für die Stärkung der informationellen Selbstbestimmung ein, und lehnen den nicht ausreichend regulierten Einsatz mit Kameras bestückter Drohnen über dem eigenen Grundstück ab, sofern damit datenschutzrelevante Belange betroffen sind. Hier wollen wir die Bevölkerung stärker sensibilisieren, aufklären und die bestehenden Regelungen verfeinern.

Den Einsatz von Drohnen bei der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen (Frontex) lehnen wir ebenso ab wie den Einsatz von bewaffneten Drohnen bei militärischen Einsätzen.

Verzicht auf Einsatz von Massenüberwachungsmaßnahmen

Die Polizeidienste greifen bei ihren Ermittlungen in den letzten Jahren verstärkt auf die Nutzung von technischen Hilfsmitteln zurück, die wir als für den Datenschutz und die individuelle Freiheit eines jeden Einzelnen als bedenklich erachten. Wir setzen uns daher dafür ein, dass die dazu bislang berechtigten Institutionen in Niedersachsen auf den Einsatz von Vorratsdatenspeicherung, automatischer Kennzeichenerfassung (Section Control), Funkzellenabfragen, Rasterfahndung durch Stille SMS und ähnlichen auch zukünftigen Massenüberwachungsmaßnahmen verzichten. Weiterhin werden wir eine Bundesratsinitiative zur generellen Abschaffung beantragen. Denn die anlasslose Überwachung der Bevölkerung ist ein Eingriff in die Privatsphäre.

Stille SMS: Mithilfe einer “Stillen SMS” stellen Strafverfolgungsbehörden unbemerkt den Aufenthaltsort eines Mobiltelefons fest. Betroffene werden über eine erfolgte Ortung nicht informiert, obwohl diese einen massiven Grundrechtseingriff darstellt. Eine Aufsicht und die Einordnung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme kann aufgrund fehlender Dokumentation zum Einsatz der Stillen SMS nicht vorgenommen werden.)

Zur rückwirkenden Aufklärung solcher Maßnahmen fordern wir umgehend eine Veröffentlichung bisheriger Einsätze, bei denen eine Ortung mit Hilfe der Stillen SMS erfolgte. Zukünftig wollen wir eine stärkere Kontrolle der Polizeibehörden zum Beispiel durch die Notwendigkeit einer richterlichen Anordnung, bevor ein Einsatz der Stillen SMS in Frage kommt. Selbstverständlich muss auch eine lückenlose Dokumentation geführt werden.

Bewährte Ermittlungsmethoden statt Vorverurteilung

Die Piratenpartei Niedersachsen setzt sich dafür ein, dass auch in Zukunft nur gegen denjenigen ermittelt wird, gegen den ein konkreter Anfangsverdacht vorliegt. Wir lehnen daher Predictive Policing, also die vermeintliche Identifizierung potentieller Straftäter im Voraus, ab.

Predictive Policing: ist eine Technik, bei der aufgrund von statistischen Rückschlüssen auf zukünftige Täterschaft aufgrund persönlicher und politischer Merkmale geschlossen wird. Dies nimmt keine Rücksicht auf das Individuum. Ganze Gruppen von Menschen würden kollektiv verdächtigt. Neben dieser grundsätzlichen moralischen Problematik, würden sich außerdem durch Vorurteile verursachte juristische Ungleichbehandlungen verschiedener Gruppen in der Lernphase der automatisierten Systeme ebenfalls übernommen und anschließend durch scheinbare Objektivität legitimiert.

Polizei und Justiz

Identifikationsnummer für Polizisten

Die tägliche Polizeiarbeit wäre ohne die Möglichkeit der Anwendung von Zwangsmitteln in vielen Situationen unmöglich. Auch angemessene körperliche Gewalt kann ein grundsätzlich legitimes und erforderliches Zwangsmittel darstellen.

Als Träger des staatlichen Gewaltmonopols trägt jedoch gerade die Polizei eine besondere Verantwortung, der sie leider nicht immer gerecht wird. Insbesondere auf Versammlungen kommt es immer wieder zu rechtswidrigen Übergriffen einzelner Polizisten. Häufig erhalten die Betroffenen keine Auskunft zum Namen des Beamten, obwohl dieser verpflichtet ist, seinen Namen auf Verlangen mitzuteilen.

Aus diesem Grund setzen wir uns für die Einführung einer deutlich erkennbaren, individuellen Identifikationsnummer für Polizeibeamte auf Versammlungen ein. Um die Anonymität des Beamten zu gewährleisten, soll diese Nummer für jeden Einsatz neu vergeben werden. Die Aufschlüsselung wird nur für Ermittlungsbehörden möglich sein.

Unabhängige Kontrolle der Polizeibehörden

Statt der bislang beim Innenministerium angesiedelten Beschwerdestelle setzen wir uns für die Schaffung der Stelle eines unabhängigen Beauftragten des Landtages für die Polizeibehörden ein.

Der Polizeibeauftragte hat die Grundrechte zu schützen, den Landtag bei der Ausübung der parlamentarischen Kontrolle zu unterstützen sowie als Eingabe- und Beschwerdestelle für Menschen und Polizeibedienstete zu dienen. Als unabhängiger Ansprechpartner für Polizei und Menschen soll er aufklären und vermitteln. Er hat dem Landtag einen Tätigkeitsbericht vorzulegen, in dem er insbesondere auf das Verhältnis zwischen Ihnen und Ihrer Polizei eingeht. Um diese Möglichkeit den beamteten Polizeibediensteten auch sanktionslos sicher zu ermöglichen, muss das Beamtenrecht dahingehend geändert werden, dass eine Einhaltung des Dienstweges bei Beschwerden nicht mehr nötig ist.

Der Polizeibeauftragte soll mit den gleichen Ermittlungsbefugnissen wie ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss ausgestattet werden. Er soll sowohl interne polizeiliche Probleme untersuchen, als auch externe, durch das Handeln der Polizei entstandene Ereignisse aufklären. Mit Einwilligung des betroffenen Bürgers kann er eingereichte Beschwerden an die für Straf- oder Disziplinarverfahren zuständigen Stellen weiterleiten. Grundsätzlich soll er aber den Verschwiegenheitspflichten unterliegen, die auch für den Wehrbeauftragten gelten.

Befugniskriminalität identifizieren und bekämpfen

Unter Befugniskriminalität soll all die Kriminalität zusammengefasst werden, die mit Hilfe von beruflichen Befugnissen begangen wird. Wir setzen uns dafür ein, dass Analysen hinsichtlich möglicher Befugniskriminalität bei Institutionen standardmäßig angefertigt werden. Mit Hilfe dieser Analysen sollen geeignete Vorkehrungen getroffen werden, damit dieser Art der Kriminalität besser entgegengewirkt werden kann.

Hierbei soll besonders bei der Erteilung von neuen Befugnissen, wie es zum Beispiel aktuell bei Sicherheitsbehörden der Fall ist, darauf geachtet werden, dass die Software, die Gesetze und die Prozesse so gestaltet werden, dass Straftaten erschwert und leicht ermittelt werden können. Allgemein soll Befugniskriminalität in ähnlicher Weise wissenschaftlich und gesellschaftlich behandelt werden wie die organisierte Kriminalität.

Schwerpunktsstaatsanwaltschaft Ermittlungsbehörden, Ämter und Körperschaften des öffentlichen Rechts – Whistleblower Kontaktstelle

Die Piratenpartei Niedersachsen setzt sich für die Einrichtung einer von den örtlichen Ermittlungsbehörden unabhängigen „Schwerpunktstaatsanwaltschaft Ermittlungsbehörden, Ämter und Körperschaften des öffentlichen Rechts – Whistleblower Kontaktstelle“ auf Landesebene” ein, die immer dann ermittelt, wenn Beamte, Angestellte oder Mitarbeiter der Polizei, des Landesamtes für Verfassungsschutz, einer anderen Behörde im Land Niedersachsen oder einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, eine strafrechtlich zu überprüfende Handlungen begangen haben.

Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft soll eine anonyme Kontaktstelle für Whistleblower bereitstellen, damit Verdachtsfälle repressionsfrei gemeldet werden können.

Kontrollen in der Öffentlichkeit beschränken

Bei den nach NPOG § 13 f. nicht näher benannten Orten, an denen Überprüfungen von Menschen und Gegenständen vorgenommen werden können, handelt es sich um Schrödingers Orte. Denn wie eine Anfrage an das Innenministerium ergab, gibt es solche Orte zwar nicht, dennoch dürfen sie aus einsatztaktischen Gründen nicht bekannt werden. Eine solche Situation ist mit unserem Anspruch an Transparenz staatlichen Handelns nicht in Einklang zu bringen. Daher setzen wir uns für die barrierefreie Bekanntmachung von Kriterien ein, nach denen aufgrund der örtlichen Situation Kontrollen von Menschen und Gegenständen vorgenommen werden dürfen. Die daraus resultierenden Orte sollen ebenfalls bekannt gemacht werden.

Abschwächung der Datensammlungen über Fans

Die Datei „Gewalttäter Sport“ ist eine vom Bundeskriminalamt geführte Datei, in der Informationen zu Personen gesammelt werden, deren Personalien im Rahmen von Sportveranstaltungen – meistens beim Fußball, aber auch beim Eishockey – erfasst wurden. Wir setzen uns dafür ein, dass aus Niedersachsen keine Informationen mehr in das System eingepflegt werden, mindestens aber die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien wie der Unschuldsvermutung erhalten bleiben. Hierzu gehört, dass Eintragungen in die Datei „Gewalttäter Sport“ erst bei rechtskräftiger Verurteilung oder mindestens dringendem Tatverdacht, eine Gewalttat begangen zu haben, erfolgen dürfen. Derzeit liegt dies allein im Ermessen der Beamten, die den Vorgang bearbeiten. Bei Unschuld oder Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit muss der Eintrag unverzüglich gelöscht werden. Um den Betroffenen das Beschreiten des Rechtsweges zu ermöglichen, müssen diese direkt nach der Eintragung in geeigneter Form unter Angabe aller gespeicherten Daten informiert werden.

Zusätzlich zur Datei “Gewalttäter Sport” werden in verschiedenen Polizeibehörden eigene Datenbanken gepflegt, in denen nicht verurteilte Fußballfans verzeichnet sind. Diese Dateien sind nach unserem Ermessen nicht rechtmäßig. Die Piratenpartei Niedersachsen setzt sich dafür ein, diese sogenannten “SKB-Dateien” unverzüglich zu löschen und auch künftig nicht mehr anzulegen sind.

Bessere Ausstattung von Polizei und Justiz

Auch wenn wir einzelnen polizeilichen Maßnahmen kritisch gegenüberstehen, weil wir dem Schutz der Bürgerrechte Priorität einräumen, wollen wir die Effektivität der Polizei erhöhen. Wir fordern daher die personelle und materielle Ausstattung des Polizeivollzugsdienstes zu verbessern.

Die Anschaffung von Ausrüstung darf nicht dem einzelnen Beamten aufgebürdet werden. Gleichzeitig müssen ausreichend Polizisten beschäftigt werden, um die Arbeit angemessen bewältigen zu können. Vor allem die Präsenz – und damit eine verbesserte Erreichbarkeit und Ansprechbarkeit vor Ort – ist sicherzustellen. Dabei sollen Polizeikräfte vorzugsweise dort aktiv zum Einsatz kommen, wo bislang Kameras passiv agieren.

Die Justiz muss in die Lage versetzt sein, unabhängig in angemessener Zeit Entscheidungen fällen zu können. Die aktuellen Verfahrenszeiten sind im Hinblick auf den allgemeinen Anspruch auf Rechtssicherheit nicht akzeptabel.

Angemessene Entschädigung zu Unrecht Inhaftierter

Kommt es dann zu einer Inhaftierung oder Verurteilung, die sich im Nachhinein als unrecht herausstellt, hat man einen Anspruch auf finanzielle Entschädigung, sofern man inhaftiert wurde. Dann aber mit einem Taschengeld von € 75,- pro Hafttag abgefunden zu werden, ist skandalös und eines Rechtsstaates unwürdig. Die Piratenpartei Niedersachsen strebt über die Justizministerkonferenz eine Entschädigung nach den Vorgaben des StrEG von € 200,- pro Tag oder einen entsprechend höheren nachgewiesenen Verdienstausfall an. Ersatzweise für eine bundesweit einheitliche Lösung soll das Land Niedersachsen für den Ausgleich der Differenz zur gegenwärtigen Regelung für in Niedersachsen gesprochenes Unrecht zahlen. Ein jährlicher Inflationsausgleich ist zu berücksichtigen. Eventuelle Einkünfte aus Arbeit im Gefängnis sind gegenzurechnen.

Sicherheitsbewusstsein stärken

Gefühlte Sicherheit ist eine Voraussetzung für persönliches Wohlbefinden. Deutschland weist in vielen Bereichen eine der niedrigsten Kriminalitätsraten weltweit auf.

Forschungsergebnisse zeigen aber, dass das hohe Maß an Sicherheit in Deutschland kaum kommuniziert wird. Das Kriminalitätsrisiko wird als Folge mangelhafter Informationen teilweise überschätzt.

Wir wollen daher ein Informationsprogramm zur Stärkung des Sicherheitsbewusstseins und zur sachlichen Information über Kriminalität in Niedersachsen auflegen. Hierbei soll die tatsächliche Bedrohungslage durch Kriminalität anhand von Statistiken im Vergleich mit alltäglichen Risiken betrachtet werden, um einer verzerrten Wahrnehmung entgegen zu wirken.

Sicherheitsforschung demokratisieren

Steuerfinanzierte Sicherheitsforschung muss sich wieder an Ihren Bedürfnissen und Grundrechten orientieren. Wir brauchen keine weiteren Technologien, die Sie stärker überwachen, erfassen und kontrollieren.

Stattdessen wollen wir eine Sicherheitsforschung fördern, sich wieder stärker an Prävention orientiert. Dabei sollen Forschungsprojekte vor allem auf soziale Teilhabe und Bildung setzen. Daher müssen bestehende und zukünftige Projekte gründlich auf Wirksamkeit, Kosten, Grundrechtseingriffe und mögliche Alternativen untersucht werden.

Wir wollen, dass in Zukunft Bürgerrechtsorganisationen und Nichtregierungsvertreter darüber mitentscheiden, welche Projekte gefördert werden sollen. Über die Ausschreibung eines Projekts soll erst entschieden werden, wenn die Auswirkungen des jeweiligen Forschungsziels auf unsere Grundrechte eine öffentliche untersucht worden sind.

Brand- und Katastrophenschutz

Die Piratenpartei Niedersachsen setzt sich für eine umfassende Modernisierung der Strukturen, Gesetze und Verordnungen des Brand- und Katastrophenschutzes in Niedersachsen ein. Ein Leben in Niedersachsen soll für jeden Einwohner sicher sein und jeder Einwohner soll im Fall der Fälle schnelle und situationsgerechte Hilfe erhalten. Hierbei soll ein Fokus auf die künftigen Herausforderungen in diesem Bereich gelegt werden, der größtenteils von ehrenamtlichen Kräften bestritten wird.

Schnelleinsatzgruppen “ULF” schaffen

Konzeptionierung und flächendeckende Aufstellung von Schnelleinsatzgruppen “ULF”. Dabei soll die Ausrüstung und personelle Ausstattung vereinheitlicht werden. Ziel ist es, in ganz Niedersachsen schnellstmöglich Hilfe zu leisten. Dafür sollen Organisationen des Katastrophenschutzes mit dieser Aufgabe betraut werden.

ULF: Unbemannte Luftfahrtsysteme

Wasserrettung verpflichtend aufstellen

Auch einen flächendeckenden Wasserrettungsdienst in Niedersachsen muss es geben. Hierzu sollen zum einen Hilfsfristen für die reguläre Wasserrettung als auch für Taucheinsatzgruppen festgelegt werden. Des weiteren sollen flächendeckend Einheiten dieses Fähigkeitsspektrums für den Katastrophenschutz aufgestellt werden, um zum Beispiel im Hochwassereinsatz bundesweit helfen zu können. Dabei soll zwischen Katastrophenschutz und Wasserrettungsdienst unterschieden werden, um im Katastrophenfall den regulären Wasserrettungsdienst nicht zu gefährden.

Dekontamination Verletzter

Das Land Niedersachsen hat kein Konzept und keine weiterführende Ausstattung für die Dekontamination von CBRN-Verletzten Daher muss ein Konzept zur Beseitigung dieser Kompetenzlücke erstellt werden. Das Land NRW hat bereits ein Konzept und die technische Ausstattung für derartige Schadenslagen und sichert so aktiv die Bevölkerung.

Flächendeckende Aufstellung von spezialisierten Einheiten zur Bekämpfung von CBRN-Gefahren

Wir fordern ein Konzept und dessen Umsetzung zur flächendeckenden Aufstellung von spezialisierten Einheiten zur Erkennung und Bekämpfung von CBRN-Gefahren. Dies dient dem Schutz der Bevölkerung vor den gestiegenen Gefahren durch eine immer weiter technologisierte Welt.

CBRN: Chemisch/Biologisch/Radioaktiv/Nuklear

Hytrans-Fire-System für den Katastrophenschutz in Niedersachsen

Die Piratenpartei Niedersachsen setzt sich für die Beschaffung von mehreren Hytrans-Fire-Systemen für den Katastrophenschutz ein. Länder wie Baden-Württemberg oder NRW haben bereits diese Systeme zum Schutz ihrer Bevölkerung beschafft.

First-Responder ausbilden

In einem Flächenland wie Niedersachsen sind die Distanzen zwischen Rettungswachen groß, die Einsatzgebiete noch größer und die Hilfsfristen so relativ schwierig einzuhalten. Hierbei können First-Responder eine sinnvolle Ergänzung in der Rettungskette sein. Sie überbrücken die Zeit bis zum eintreffen des Rettungsdienstes und können lebensrettende Sofortmaßnahmen qualitativ umsetzen. Beispiele aus anderen Bundesländern zeigen die hohe Wirksamkeit solcher Einheiten. Die Piratenpartei Niedersachsen setzt sich für die Flächendeckende Ausbildung und Ausrüstung von First-Respondern ein. Angesiedelt werden sollen diese bei den örtlichen Feuerwehren und Hilfsorganisationen.

Einsatzbereitschaft von Örtlicher Gefahrenabwehr, Zivil- und Katastrophenschutz

Wir benötigen eine Anpassung der entsprechenden Gesetze, um zu gewährleisten, dass nur einsatzbereite, den Vorgaben entsprechende Einheiten, staatliche Mittel und Förderungen bekommen und die Träger dieser Einheiten einen Nachweis über ihre Tätigkeiten erbringen. Dabei soll es keine Rolle spielen, ob der Träger staatlicher Natur ist oder ein Verein/Verband. Die Überwachung soll durch die jeweils übergeordnete Stelle erfolgen. Dies kann z. B. in Form von Alarmübungen durchgeführt werden. Einheiten, die wiederholt die Anforderungen nicht erfüllen, müssen an ihre Leistungsfähigkeit angepasst werden.

Ausbildung im Katastrophenschutz für Mitarbeiter der Landesbehörden

In diesem Zusammenhang setzen wir uns auch dafür ein, dass eine Ausbildung im Katastrophenschutz für Mitarbeiter der Landesbehörden angeboten wird. Damit soll im Fall von Großschadenslagen die Möglichkeit geschaffen werden, Mitarbeiter der Landesbehörden zur direkten Gefahrenabwehr einsetzbar zu machen. Dies soll sie grundlegend befähigen, den Fachkräften des Katastrophenschutzes zuzuarbeiten.

Feuerwehrhäuser und Katastrophenschutzstützpunkte modernisieren

Aber auch bei Stützpunkten und Fahrzeugen müssen Versäumnisse der Vergangenheit behoben werden.

Für Feuerwehr und Katastrophenschutzstützpunkte sollen die Vorgaben der Unfallkassen verpflichtend zur zeitnahen Umsetzung gebracht werden. Hierbei sind die Träger der entsprechenden Einrichtungen über die entsprechenden Gesetze dazu zu verpflichten, diese kritischen Infrastrukturen auf dem aktuellen Stand der Technik zu halten und dies nicht von der aktuellen Haushaltslage abhängig zu machen.

Daher setzen wir uns ebenfalls für eine Änderung der Brand- und Katastrophenschutzgesetze ein, die ein Maximalalter für Fahrzeuge zum Ziel hat. Ehrenamtliche Kräfte, die in ihrer Freizeit ihre Gesundheit für die Allgemeinheit riskieren, sollen ein Recht auf angemessene Ausstattung haben. So ist von entsprechenden Fachleuten ein Maximalalter bei Großfahrzeugen von 20, beziehungsweise bei Kleinfahrzeugen von 15 Jahren empfohlen worden. Eine derartige Regelung sollte gesetzlich verankert werden, damit sie nicht Opfer einer Sparpolitik der kommunalen Träger wird.

Stärkere Überwachung der Umsetzung von gesetzlichen Vorgaben im Bereich der kritischen Infrastrukturen insbesondere des Brand- und Katastrophenschutz

Die Schaffung einer unabhängigen Stelle im Bereich des NLBK (Niedersächsisches Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz), die die Einhaltung der Brand- und Katastrophenschutzgesetze überwacht, halten wir ebenfalls für notwendig. Hier soll auch Tätigen aus diesem Bereich die Möglichkeit gegeben werden, anonym Verstöße durch die Träger der entsprechenden Einrichtungen zu melden, ohne dass ihnen Nachteile aus solchen Meldungen erwachsen. Dabei ist diese Stelle verpflichtet, derartigen Verstößen nachzugehen und entsprechend der Schwere des Verstoßes geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um ein fortbestehen des Verstoßes zu unterbinden.

Trennung von Polizei und nicht-polizeilicher Gefahrenabwehr

Zur Zeit ist der Zivil- und Katastrophenschutz sowie die Überwachung von Werkfeuerwehren und Betrieben nach Störfallverordnung bei den Polizeidirektionen angesiedelt. Damit sind die Kompetenzen an einem Ort angesiedelt, der eigentlich andere Aufgaben hat und dessen Leitung keinerlei Ausbildung in diesem Bereich hat. Anzustreben wäre die Ansiedelung beim Niedersächsisches Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz in Celle. Dort ist bereits qualifiziertes Fachpersonal vorhanden und kann durch das nicht polizeiliche Personal der Polizeidirektionen ergänzt werden.

Katastrophenschutzstäbe schulen

Die Piratenpartei Niedersachsen setzt sich für eine verpflichtende Schulung von Mitgliedern der Stäbe im Katastrophenschutz ein. Dies soll auf Grundlage des Katastrophenschutzgesetzes passieren und ein qualitatives Mindestmaß an Kompetenz innerhalb der Stäbe sicherstellen um die Bevölkerung effektiver zu schützen. Denn wie die Beispiele aus Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz rund um die Unwetter des Jahres 2021 zeigen, bestehen oftmals große Lücken.

Staatsorganisation und Recht

Digitale Netzwerke in die Landesverfassung

Die Piratenpartei Niedersachsen setzt sich für eine Erweiterung der Landesverfassung ein, die die Meinungsfreiheit in allen Medien sicherstellt. So soll der neue Passus als Artikel 3 (4) lauten: “Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk, Film und digitale Netzwerke werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.”

Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften

Wir fordern, das Weisungsrecht der Landesregierung gegenüber ihren Staatsanwälten aufzuheben. Insbesondere darf es keine Dienstanweisungen geben, die sich auf einzelne Verfahren beziehen.

Dezentralisierung

Im Sinne der Subsidiaritätsforderungen der Europäischen Union setzt wir uns für eine konsequente Dezentralisierung und damit Stärkung der Kommunen und Länder ein.

Subsidiaritätsforderung: Entscheidungen sollen immer in der untersten möglichen politischen Gliederung getroffen werden.

Keine Privatisierung hoheitlicher Aufgaben

Wir lehnen die Privatisierung hoheitlicher Aufgaben des Staates ab. Das Gewaltmonopol des Staates darf unter keinen Umständen an Privatfirmen delegiert werden. Aufgaben der Polizei und des Strafvollzugs müssen vollständig in staatlicher Hand bleiben. Auch in anderen Bereichen ist die Auslagerung grundsätzlich nur dann zu billigen, wenn die Bereithaltung der Kapazitäten durch den Staat aufgrund zu hoher Kosten oder zu seltener Inanspruchnahme nicht möglich ist und hierdurch keine Grundrechte gefährdet werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass private Anbieter in der Regel teurer sind, da sie gewinnorientiert arbeiten.

Verfassungsschutz überdenken

In der Vergangenheit häuften sich Unregelmäßigkeiten und schwere Fälle von Amtsmissbrauch durch Mitarbeiter des Verfassungsschutzes. Der hierdurch entstehende Schaden für die Demokratie wird durch keinen möglichen Nutzen aufgewogen. Der Verfassungsschutz ist ein Fremdkörper in der Demokratie und wir fordern seine Abschaffung. Solange die hierfür notwendigen Mehrheiten fehlen, muss im zumindest eine wesentlich stärkere demokratische Kontrolle gewährleistet werden. Den Mitgliedern des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes des Landtags Niedersachsens müssen deutlich mehr Befugnisse und Einsichtsrechte eingeräumt werden. So muss die Größe des Parlamentarischen Kontrollgremiums ausgeweitet und die Verwendung von Geldern durch den Verfassungsschutz stärker kontrolliert werden. Wir fordern, das Trennungsgebot von Polizei und Geheimdiensten unbedingt durchzusetzen. Alle von Maßnahmen des Verfassungsschutzes Betroffenen sollen nach Ablauf einer festgeschriebenen Frist Aufforderungslos über Ermittlungen und Ergebnisse informiert werden. Anwaltliche Akteneinsicht muss gewährt werden.

Verfassungsbeschwerden in Niedersachsen ermöglichen

Während den Bürgern in vielen anderen Bundesländern längst die Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde auf Landesebene offensteht, müssen wir uns in Niedersachsen an das Bundesverfassungsgericht wenden. Diesen Beschwerdeweg sehen wir als klaren Mangel an, da in der Gesetzgebung viele landesspezifische Besonderheiten eine Rolle spielen, dass sie in Karlsruhe nicht in der gebotenen Weise berücksichtigt werden können. Deshalb fordern wir, die Landesverfassung um das Recht auf Popularklage zu erweitern.

Popularklage: Als Popularklage bezeichnet man im Rechtswesen eine Klage, die von jemandem erhoben wird, der nicht unmittelbar betroffen ist. In Deutschland ist die Popularklage bislang nur in der Verfassung des Freistaates Bayern vorgesehen.

Gesetzes-TÜV gegen Grundrechtseingriffe

Wir fordern eine unabhängige wissenschaftliche Überprüfung bestehender und zukünftiger Überwachungsbefugnisse des Staates. Indem wir eine unabhängige Institution schaffen, die frei von Wirtschafts- und Parteiinteressen neue Gesetzesvorhaben überprüft, werden die Bürgerrechte gestärkt und zukünftige Gesetze sicher verfassungskonform erlassen. Ein verpflichtender “Gesetzes-TÜV” soll im Vorfeld über mögliche Risiken und Alternativen zu Eingriffen in die Bürgerrechte informieren. Forschungseinrichtungen und Bürgerrechtsorganisationen sollen in den Prozess mit einbezogen werden. Die Ergebnisse der Überprüfungen sollen für jeden öffentlich zugänglich sein, um eine nachvollziehbare und sachliche Debatte anzuregen, bevor Gesetze erlassen werden.

Überflüssige Gesetze abschaffen – veraltete Gesetze reformieren – bestehende Gesetze umfassend darstellen

Für einen durchschnittlichen Menschen ist es unmöglich, den Überblick über alle Gesetze und Verordnungen zu behalten. Auch Verwaltungen werden durch nicht mehr erforderliche Regelungen und Vorschriften ohne sachlichen Grund in Anspruch genommen. Dies führt zu einer unnötigen Belastung der Verwaltungen und auch der Finanzhaushalte. Wir setzen uns daher dafür ein, den Bestand an Gesetzen systematisch nach Erforderlichkeit zu untersuchen und ggf. zu reduzieren. Zugleich wollen wir die vorhandenen Gesetze nach Möglichkeit vereinfachen und zusammenfassen. Auch mit dem Erlass neuer Regelungen soll sparsam verfahren werden.

Dort, wo Kommentare zu Gesetzen des Landes Niedersachsen in ihren wichtigen Elementen mittels geeigneter Regelungen zu Bestandteilen der Gesetzesauslegung werden, müssen diese auch umfassend öffentlich zugänglich dargestellt werden.

Als ein aufzuhebendes Gesetz sehen wir das Nachbarrechtsgesetz an. Das BGB regelt in seinen §§ 904-923 u. 1004 das Nachbarrecht grundlegend. Da Spezifikationen in den meisten Bundesländern unterschiedlich sind, bietet sich hier eine Vereinfachung hin zum Bundesgesetz an, um neu hinzuziehenden Mitmenschen den Einstieg zu erleichtern. Wie in Bremen, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern bereits geschehen.

Widerspruchsverfahren gegen Verwaltungsakte

Recht haben und Recht bekommen ist insbesondere in Verwaltungsverfahren nicht immer sichergestellt. Dann muss es auch außerhalb der Klage, die oftmals mit Kosten verbunden ist, die Möglichkeit geben, eine Entscheidung überprüfen zu lassen. Die Piratenpartei Niedersachsen setzt sich daher für die verbindliche Wiedereinführung der Möglichkeit ein, gegen die meisten Entscheidungen der Behörden (Verwaltungsakte) Widerspruch einzulegen zu können. Die jetzige Kann-Regelung ist willkürlich und bietet keine Rechtssicherheit. Weiterhin belastet sie die Justiz mit vielfach überflüssiger Arbeit.

Entschädigung rechtswidrig erlassener Verwaltungsakte

Durch rechtswidrig erlassene Verwaltungsakte entstehen für die Betroffenen immer wieder Nachteile. Wir wollen eine durch unabhängige Begutachtung festzulegende Entschädigung bei solchen Maßnahmen einführen. So werden Betroffene angemessen entschädigt, ohne den Gerichtsweg beschreiten zu müssen. Außerdem ist dies ein Anreiz für Behörden und Gesetzgeber, Verwaltungsvorgänge so zu verbessern, dass weniger Fehler passieren.

Wiedereinführung eines Sammlungsgesetzes

Ein Gesetz, das zu 01.01.2007 abgeschafft wurde, aber das wir nicht für überflüssig halten, ist das Sammlungsgesetz. In Anlehnung daran setzten wir uns für dessen Wiedereinführung ein. Denn wer spendet sollte sicher sein, dass sein Geld auch die erreicht, die es erreichen soll. Die Erfahrungen zeigen, dass die Aufhebung zu einer Vielzahl von Sammlungen geführt hat, die in betrügerischer Absicht durchgeführt wurden. Vorteile des Gesetzes liegen in der besseren Überprüfbarkeit von Spendensammler und Spendenverwendung. Dort, wo bislang nicht negativ aufgefallene Organisationen und Institutionen agieren, soll ein Anzeigeverfahren ausreichend sein.

Recht auf bürgeranwaltliche Vertretung schaffen

In fast allen Fällen, in denen sich Menschen gegen einen Verwaltungsakt zusammenschließen oder auch als Einzelbetroffene mit einer Verwaltungsentscheidung nicht einverstanden sind, sind sie in einem eventuellen verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf sich selbst und ihre eigenen finanziellen Mittel zur juristischen Unterstützung gestellt. Demgegenüber ist der Antragsgegner – die staatliche Verwaltung – mit nahezu unerschöpflichem Etat personeller und finanzieller Art aus Steuermitteln – also auch den Steuerzahlungen des Betroffenen – ausgestattet. Um hier eine Chancengleichheit annähernd sicherstellen zu können, fordert die Piratenpartei Niedersachsen die Einrichtung der Stelle eines staatlich finanzierten und den Wünschen des Betroffenen dienenden bürgeranwaltlichen Vertretung, wenn es um Projekte geht, die einem Planfeststellungsverfahren oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegen.

Verbandsklagerecht für Bürgerinitiativen schaffen

Für diese Fälle setzen wir uns für ein Verbandsklagerecht für Bürgerinitiativen ohne die zwingende Zugehörigkeit zu einem anerkannten Verband oder eine anerkannte Interessenvertretung ein. Ihnen muss dabei der Rückgriff auf alle Gesetze und Verordnungen gestattet sein.

Faire öffentliche Beschaffung

Die öffentliche Beschaffung ist eines der am meisten regulierten Tätigkeitsfelder öffentlichen Handelns. Eine Vielzahl von Regelungen soll sicherstellen, dass keinerlei Wettbewerbsverzerrungen in der Bedienung öffentlicher Aufträge zum Tragen kommen. Da es dabei immer um Steuergeld geht, welches eingesetzt wird, ist es für uns besonders wichtig, dass dies auch in Übereinstimmung mit gesellschaftlichen Kriterien erfolgt. Einige davon aus dem Lohnbereich finden sich im Kapitel “Arbeit und Soziales”. Wir schlagen weiterhin folgende Änderungen vor:

Reform des Landesvergabegesetzes

Landesvergabegesetz: Im Landesvergabegesetz werden die Richtlinien für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen geregelt.

Bis zur Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens setzen wir uns für eine Reform des Landesvergabegesetzes ein. Demnach müssen Unternehmen in Niedersachsen, die sich um öffentliche Aufträge etwa von Kommunen oder Behörden des Landes bewerben,
– ihren Arbeitnehmern mindestens einen Stundenlohn zahlen, der bei dauerhaftem Bezug vor Altersarmut schützt. Der Wert ist jährlich neu zu berechnen und liegt zur Zeit bei ca. € 15,-.
– ihren beschäftigten Leiharbeitern und Werkvertragskräften den gleichen Lohn wie den Stammarbeitskräften zahlen.
– Deren Anteil an der Gesamtbelegschaft soll 5% nicht überschreiten.
– Diese Auflagen gelten auch für nachgeschaltete Unternehmen (sog. Subunternehmer).

Zudem sollen bei öffentlichen Ausschreibungen Mindeststandards für Umwelt- und Energieeffizienzkriterien bei öffentlichen Beschaffungen und Aufträgen eingehalten werden.

Bei der Ausschreibung und Vergabe von öffentlichen Aufträgen sind Regeln für die Mindestqualifikation zur Übernahme von Aufgaben einzuführen, wo in der Vergangenheit Mängel in der Durchführung aufgrund geringer Qualifikation festgestellt wurden, wie bspw. in der Bewachung und Betreuung von Unterkünften für Geflüchtete. Eine Liste von Mindestqualifikationen für bestimmte Tätigkeiten ist zu erstellen. Wo es dann Anbieter gibt, die mit höher ausgebildetem Personal agieren als andere, ist dies bei der Vergabeentscheidung zu berücksichtigen. Denn besondere Aufgaben bedingen besondere Qualifikationen.

Beschaffung muss sozialen Ansprüchen folgen

Das Vergabegesetz gilt mehrere Aspekte wie den der Umweltverträglichkeit, der Sozialverträglichkeit und der Einhaltung von ILO-Mindestanforderungen an die Arbeitsbedingungen, die in eine Vergabeentscheidung einfließen können. Allerdings ist nicht geregelt, nach welchen Kriterien derartige Aspekte zu berücksichtigen sind. Wir wollen, dass sie zu zu einem automatischen Bestandteil des Angebots werden. So ist nicht nur eine Vergleichbarkeit gegeben, es wird auch sicher gestellt, dass diese Aspekte Berücksichtigung finden. Auch wäre damit die Zweiklassengesellschaft von Verstößen aufgehoben. Solange dies noch nicht Realität ist, muss ein Verstoß gegen die freiwillig gemachten Zusagen gleichermaßen geahndet werden, wie ein Verstoß gegen verbindlich gemachte Zusagen, was bislang noch nicht der Fall ist.

Lügen nicht belohnen

Es darf keine Bevorzugung von Unwahrheiten geben. Die Piratenpartei Niedersachsen setzt sich dafür ein, dass es nicht mehr möglich sein soll, eine Vertragsstrafe zu senken, weil sie unverhältnismäßig hoch erscheint.

Je Verstoß gegen die Vergaberichtlinien ist gemäß des Vergabegesetzes 1% des Auftragswertes einzubehalten. Ebendort ist auch geregelt, dass bei unverhältnismäßig hoher Vertragsstrafe der Auftraggeber diese auf Antrag des beauftragten Unternehmens auf einen angemessenen Betrag herabsetzen kann. Je mehr Verstöße, desto geringer kann also die Konsequenz für den Einzelfall ausfallen. Das ist eine Bevorzugung derer, die viele Verstöße begehen und kann nicht im gesamtgesellschaftlichen Interesse sein.

Abgesehen davon, dass nicht definiert ist, was eine unverhältnismäßig hohe Strafe ist und unter welchen Voraussetzungen einer Bitte um Herabsetzung nachgekommen werden kann oder soll, handelt es sich hierbei um ein Bonussystem für denjenigen, der schon mit einer großen Anzahl von Verstößen kalkuliert, um einen Auftrag zu bekommen.

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