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Zur bundesweiten gesetzlichen Personalbemessung für alle Beschäftigten in Krankenhäusern

Ver.di hat mich, Niels-Arne Münch, um eine Stellungnahme zu ihrer Kampagne für eine gesetzliche Regelung der Personalbemessung in Krankenhäusern gebeten. Hier meine Antwort:

Stellungnahme zur Forderung nach einer bundesweiten gesetzlichen Personalbemessung für alle Beschäftigten in Krankenhäusern

Als Bundestagskandidat der Piratenpartei im Wahlkreis 53 (Göttingen) und Listenkandidat in Niedersachen unterstütze ich die Forderung nach einer bundesweiten gesetzlichen Personalbemessung in Krankenhäusern. Angesichts der immer unerträglicher werdenden Situation für das Personal wie auch die Patienten in deutschen Krankenhäusern, ist dies ein notwendiger Schritt. Ich werde die einzelnen Argumente hier nicht wiederholen und nenne als Stichworte nur die dramatisch steigende Zahl der Gefährdungsanzeigen durch Mitarbeiter/innen, die hohe Burnout-Rate und die Probleme vieler Krankenhäuser bei der Suche nach Personal. – Übrigens ist die Situation im Altenpflegebereich ähnlich, daher wäre es sinnvoll, zu prüfen, ob und inwieweit sich dieser Bereich in ein solches Gesetz einbeziehen lässt. Bei uns in Göttingen zeigen die Vorgänge um den Verkauf des ehemaligen Landeskrankenhauses an Asklepios und die Zustände dort heute, wohin die immer weitergehende Ausrichtung der medizinischen Versorgung an den Gewinninteressen privater Unternehmen führt: Der permanente Kostensenkungsdruck führt an immer mehr Standorten zu Verhältnissen, in denen der „Normal“-zustand längst der eigentliche Skandal ist. (Einige beliebig herausgegriffenen Quellen zu Asklepios in Göttingen: 1,2,3,4)

 

Deshalb reicht ein Gesetz zur Personalbemessung allein auch nicht aus: Notwendig ist die Abkehr von der völlig kopflosen Privatisierungspolitik. Ziel muss sein, die Beziehung zwischen Personal und Patient von jeglichen ökonomischen Interessen freizustellen. Die medizinische Versorgung ist Teil der Grundversorgung. Krankenhäuser nehmen eine öffentliche Aufgabe war und gehören im Kern in öffentliche Hand – als private Akteure sind Stiftungen und Genossenschaften sinnvolle Ergänzungen, doch Kapitalgesellschaften haben im Bereich der Grundversorgung grundsätzlich nichts verloren, sie entziehen dem Gesundheitssystem Geld zugunsten ihrer Aktionäre. Notwendig ist auch eine verbesserte Finanzierung des Gesundheitssystems insgesamt, unter anderem über eine allgemeine Bürgerversicherung zu der alle Einkommensarten herangezogen werden. Das Kaputtsparen des Gesundheitswesens geht nicht nur auf Kosten der Patienten und des Personals, es ist auch arbeitsmarktpolitisch absurd. Auf 162.000 Arbeitsplätze beziffert ver.di den aktuellen Fehlbestand in den Krankenhäusern, langfristig und im gesamten Gesundheitswesen dürfte die Zahl der Arbeitsplätze, die bei entsprechender Finanzierung entstehen könnten, in die Millionen gehen.

 

Angesichts der vielfältigen in einem Krankenhaus tätigen Berufsgruppen wird ein Bundesgesetz zur Personalbemessung leider zweifellos zu erheblichen bürokratischen Mehraufwand führen – Geld, das man besser für Personal und Patienten ausgeben könnte. Kurzfristig gibt es zu einem solchen Gesetz aber keine sinnvolle Alternative. Langfristig wäre es aber falsch, erst wie wild zu privatisieren, und anschließend angesichts der absehbaren Folgen mit immer neuen Gesetzen einen „aus dem Ruder gelaufenen Wettbewerb“ (ver.di) bändigen zu wollen. Diesen Wettbewerb hätte es im Gesundheitswesen von Anfang an gar nicht geben dürfen.

Zuerst veröffentlicht unter: http://pirat.ly/c71u8

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